INHALT:
Die Saarabstimmung in Bous 1935
Die Jahre des Wiederaufbaus nach 1945
Die Zeit bis zur Gebietsreform 1973
1974 – 1982 – rebellische Jahre
Von der Wiedergewinnung der Selbständigkeit bis heute
Anhang:
Die Vorsitzenden des SPD-Ortsvereins 1945 – 1998
Grußwort
Die SPD in Bous gehört zu den Ortsvereinen der ersten Stunde im Saarland. Über die Höhen und Tiefen diese Jahrhunderts hinweg hat sie sich zu dem entwickelt, was sie heute ist: die tonangebende politische Kraft in Bous. Sie hat es immer wieder geschafft, sich zu erneuern.
Das Wohlergehen der Gemeinde zu fördern war uns selbstverständlich. Besonders wichtig war und ist uns dabei, daß alle Bouser daran Anteil haben, nicht nur einige.
In der Kommunalpolitik der SPD Bous wurde die Regel befolgt, den direkten Kontakt zu den Menschen zu pflegen. Dies wird unsere vornehmste Pflicht bleiben.
Einleitung
1999 kann die SPD Bous auf 80 Jahre politische Tätigkeit zurückblicken. Seit 1919 stehen wir für Fortschritt und soziale Gerechtigkeit. Anlaß genug, die Vergangenheit Revue passieren zu lassen. Dazu soll die vorliegende Broschüre einen kleinen Beitrag leisten.
Als Informationsquellen dazu dienten zunächst die Stadtarchive in Saarlouis und Saarbrücken, denen die Hinweise aus der ‚Volksstimme‘ entstammen. Das Archiv und eine Chronik der Gemeinde Bous konnten wir mit freundlicher Genehmigung von Bürgermeister Wentz verwenden. Außerdem wurden uns Unterlagen des SPD-Ortsvereines von Leo Stefan Schmitt zur Verfügung gestellt. Sie wurden ergänzt durch Zeitzeugengespräche mit Eduard Fery, Hans Wollstein († 1998) und Walter Porr sowie durch Angaben zu den Wahlen 1946 – 1994 des Statistischen Landesamtes. Wertvolle Hinweise und Informationen zu zeitgeschichtlichen Hintergründen verdanken wir dem Landesgeschäftsführer der SPD Saar Rudi Strumm. Dank für seine Unterstützung sagen wir auch dem ehrenamtlichen Archivar der Stadt Saarlouis, Herrn Fontaine.
Diese kleine Chronik soll einen kurzen Überblick über den Werdegang des sozialdemokratischen Ortsvereins seit seiner Gründung geben. Viele der heutigen Mitglieder kennen noch Ereignisse aus den 80er Jahren, einige noch die 70er Jahre, aber nur ganz wenige kennen die Partei noch aus den sechziger Jahren her. Die Zeit davor ist Geschichte.
Gerade für die jüngeren kann sie einen interessanten Einblick in die Zeit des Anfangs und des Aufbaus geben. Natürlich ist der wissenschaftliche Gehalt dieser Chronik sehr gering anzusetzen. Da sie ausschließlich auf ehrenamtlichem Engagement beruht, fehlt das entsprechende Zeitmaß, um detailliert in die Tiefe zu gehen. Dennoch haben wir versucht – soweit es uns möglich war -, die politische Entwicklung im Zusammenhang mit den lokalen wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen deutlich zu machen.
In diese Geschichte sind indirekt auch viele Erzählungen unserer Großeltern und Urgroßeltern eingegangen. Die Beschäftigung damit läßt die eigenen Wurzeln erkennen und ein neues Heimat- und Zeitgefühl entstehen. Man lernt auch die Gegenwart mit einer gewissen Relativität zu sehen.
Nicht immer waren engagierte Sozialdemokraten Mitglied und nicht jedes Mitglied ist im Herzen Sozialdemokrat. Diese Chronik ist ein Dank an alle, die sich um die Existenz des sozialdemokratischen Ortsvereins Bous verdient gemacht haben, aber auch ein Dank an die, die sich außerhalb der Partei für die sozialdemokratische Sache eingesetzt und ihre Ideale am Leben gehalten haben.
Die Gründerjahre 1919-1935
Die Geschichte des SPD-Ortsvereines Bous beginnt den Quellen zufolge nach dem 1. Weltkrieg.
Am 6. Juli 1919 fand die erste uns bekannte sozialdemokratische Versammlung in Bous statt. Einige Genossen aus Saarbrücken erläuterten die Ziele der sozialdemokratischen Bewegung. Obwohl es schon vorher Anhänger der Sozialdemokratie in Bous gegeben haben mag, liegt uns kein früheres Zeugnis einer organisierten Zusammenkunft vor. Wir können also diese Versammlung bis zum Auftauchen neuer Erkenntnisse als Gründungsversammlung betrachten.
Die Volksstimme (die Zeitung der sozialdemokratischen Arbeiter an der Saar) veröffentlichte einen kurzen Bericht darüber in ihrer Ausgabe vom Dienstag, 8.7.1919:
‚Buß.
Am Sonntag, den 6. Juli fand hier am Orte eine Versammlung des Sozialdemokratischen Vereins statt.
Genosse Gerhardt (1) (Saarbrücken) sprach über die Ziele der Sozialdemokratie. Er führte den Anwesenden ein Bild der Geschichte der Menschheit in früheren Jahrhunderten bis zur Gegenwart vor Augen und legte weiter das Wesen und die Ziele der Sozialdemokratie dar. Großer Beifall wurde dem Redner am Schlusse seiner Ausführungen gezollt. In der Aussprache griffen die zufällig anwesenden Genossen Lehmann (2) und Dr. Sender (3) ein. Ersterer ergänzte die Ausführungen des Referenten während Genosse Dr. Sender auf praktische Parteifragen einging. Auch diesen Rednern wurde allseitiger Beifall zuteil. Diese Versammlung hat viel zur Klärung und Förderung der Parteifragen beigetragen.‘
(Volksstimme, – Organ für das werktätige Volk im Saar-, Mosel-, Blies- und Nahetal, Nr. 155, Dienstag 8.7.1919, 11. Jhg.)
1 August Gerhardt, Gewerkschaftssekretär, Saarbrücken
2 Eduard Lehmann, Rechtsanwalt, Saarbrücken
3 Walter Sender, Rechtsanwalt, Saarbrücken
Die Namen, die in der Folge für die Sozialdemokratische Partei in Bous auftauchen, sind bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hinein verschieden. Zunächst trat zur ersten Gemeinderatswahl nach dem ersten Weltkrieg am 11.7.1920 die Unabhängige Sozialdemokratische Partei (USP) an. In Deutschland hatte sich die SPD während des ersten Weltkrieges über ihre Einstellung zum Krieg in zwei Parteien aufgeteilt: Die USPD trat für Friedensbemühungen ein, die MSPD tolerierte die Politik des Kaiserreiches. In Bous ist es offensichtlich zur Ausbildung der USP gekommen. (In den Wahlunterlagen von 1920 ist nur die Rede von einer ‚Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Buss‘, nicht von der deutschen Zugehörigkeit der Partei). Damals beteiligten sich 1497 Wahlberechtigte (das waren 72,3% aller Wahlberechtigten) an der Wahl. Von den 23 Sitzen im Gemeinderat errang die USP 8 (ca. 34,8%), das Zentrum 11 (ca. 47,8%) und eine ‚parteilose Bürgervereinigung‘ 4 Sitze (ca. 17,4 %).
Die USP stellte dafür als Kandidaten auf:
1. Wilhelm Lorscheider, Gewerkschaftssekretär (gewählt)
2. Johann Löw, Bergmann, Kleberstr. 406 (gewählt)
3. Kätchen Dobisch, Hausfrau, Fultrichstr. 315 (gewählt)
4. Heinrich Speicher, Metzgermeister, Derlenerstr. (gewählt)
5. Heinrich Riehm, Elektriker, Kaiserstr. 2 (gewählt)
6. Adolf Rivinius, Maurer, Jostbrunnen (gewählt)
7. Wilhelm Wagner, Maschinist, Mannesmannstr. 437 (gewählt)
8. Gustav Rivinius, Dreher, Kaiserstr. 7 (gewählt)
9. Michel Juchen, Controlleur, Kaiserstr. 92
10. Michel Engelbert, Fabrikarbeiter, Schulstr. 416
11. Jakob Jung, Kesselwärter, Derlenerstr. 228
12. Hugo Augustin, Schlosser, Bommersbach
13. Johannes Rollinger, Maurer, Kaiserstr. 54
14. Mathias Speicher, Anreisser, Kaiserstr. 14
15. Johann Barrer, Fabrikarbeiter, Kaiserstr. 81
16. Heinrich Weidenbruch, Fabrikarbeiter, Kaiserstr. 406
17. Crist. Herberger, Fabrikarbeiter, Weizenhübel
18. Alex Schmitt, Walzer, Kleberstr.
19. Jakob Müller, Vorarbeiter, Kleberstr. 400
20. Johann Russer, Kaiserstr. 21a
21. Kath. Jung, Hausfrau, Derlenerstr. 228
22. Adolf Harf, Fabrikarbeiter, Kaiserstr. 52
23. Albert Engelbert, Fabrikarbeiter, Jostbrunnen
Sämtliche Daten sind so wiedergegeben, wie sie in den amtlichen Unterlagen festgehalten sind. Die Kaiserstraße ist die heutige Saarbrückerstraße, die Derler Straße ist als Derlener Straße bezeichnet, wobei nicht klar ist, ob dies lediglich ein Fehler in den Unterlagen ist oder ob sie damals wirklich so hieß. Ebenso gehen Hausnummern und Straßennamen exakt auf die amtlichen Angaben zurück.
Bei der nächsten Wahl 1923 änderte sich das Verhältnis. Die diesmal angetretene ‚Arbeiterpartei‘ errang ca. 46,9%/11 Sitze, die ‚Christliche Volkspartei‘ 33,8% 8 Sitze (der Name hat nichts mit der späteren CVP im Saarland zu tun), die ‚Vereinigung zur Wahrung örtlicher Interessen‘ 12,7 und die ‚Freie Beamte und Arbeiterliste‘ 6,8%/1 Sitz .
Um die politische Entwicklung in Bous in der Zeit zwischen dem ersten und dem zweiten Weltkrieg zu verstehen, müssen die sozialen, demographischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten berücksichtigt werden.
Die Errichtung der Röhrenwerke am Standort Bous löste eine starke Zuwanderung von Arbeitskräften aus. Besonders heftige Zuwanderungswellen erfolgten in den Jahren 1905-1910 und 1923-1928. Daher mußte in Bous in den zwanziger Jahren entsprechender Wohnraum geschaffen werden. Allein in den Jahren 1923-1928 entstanden 290 Wohnhäuser. Noch heute erinnern viele Bouser Häuser an Arbeitersiedlungen, besonders im sogenannten ‚Neudorf‘ ab dem alten Rathaus Richtung Ensdorf.
Dieses Bevölkerungswachstum hatte für die Kommunalpolitik deutliche Folgen: In den zwanziger Jahren konkurrierten in Bous einige ‚linke‘ Organisationen miteinander um die Macht. Die Sozialdemokraten traten 1920 als USP (Unabhängige Sozialdemokratische Partei) an, 1923 trat eine ‚Arbeiterpartei‘ an. 1926 gab es den ‚Metallarbeiterverband‘ und die ‚Arbeiterpartei‘ und 1929 schließlich die SPD und die KP. Zur letzten freien Gemeinderatswahl in Bous 1932 traten die Arbeiterpartei, die KP und die SPD an. Interressant ist, daß Wilhelm Wagner, der bereits seit 1920 bei den Sozialdemokraten kandidierte und somit einer unserer Gründerväter ist, 1926 für den Metallarbeiterverband antrat.
In der Liste der USP von 1920 sind 8 von 23 Kandidaten außerhalb des Saarlandes geboren. Dreizehn waren Arbeiter, zwei Hausfrauen, sechs Handwerker, zwei Angestellte. Das Durchschnittsalter lag bei 40,2 Jahren und war damit bereits zu Beginn der zwanziger Jahre ziemlich hoch.
Im Konkurrenzkampf mit der KP verlor die Sozialdemokratische Partei stark an kommunalpolitischer Bedeutung. Der Erfolg der KP Ende der 20er/Anfang der 30er Jahre läßt sich nur durch mehrere Faktoren erklären. Zum einen waren die Lebensverhältnisse durch die Massenarbeitslosigkeit für die unteren Bevölkerungsgruppen unerträglich geworden. Die Menschen waren verständlicherweise unzufrieden mit den politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen und empfänglich für radikale Meinungen. Zum anderen waren die kommunistischen Kandidaten 1932 auch sehr jung und als Altersgruppe sehr homogen zusammengesetzt (30 +/- anderthalb Jahre). Sie wirkten dadurch als Gruppe geschlossen und für junge Wähler attraktiv.
Exkurs: Fritz Dobisch
Fritz Dobisch, der einer der Gründerväter des Sozialdemokratischen Ortsvereins war, konnte 1926 nicht aufgestellt werden, weil sich die Bouser Genossen darüber uneins waren. Fritz Dobisch wurde am 16.2.1890 in Merzingen geboren. Er war der spätere letzte Vorsitzende des ADGB Saar. Er wohnte seit 1920 mit seiner Frau Kätchen (geb. Portz) in Bous, wo er auch Mitglied des Ortsvereins war. Von seinem Engagement zeugt noch eine kleine Notiz in der Volksstimme, als er kurz vor den Kommunalwahlen 1929 als Referent auf einer Wahlveranstaltung des Ortsvereins auftrat (kurzer Hinweis in der ‚Volksstimme‘, Nr. 219 u. 220 September 1929). 1930 zog er mit seiner Frau Käthchen nach Saarbrücken, wo er als letzter Vorsitzender des ADGB Saar bis zum 17. Februar 1935 tätig war. Er emigrierte nach Luxemburg, wurde später von den Nazis verhaftet und am 7. Juli 1941 im KZ Buchenwald ermordet. Sein Grab befindet sich auf dem Bouser Friedhof.
1929 kandidierte Dobisch nicht mehr für die Gemeinderatswahl in Bous. Aus dem Archiv der Gemeinde Bous wissen wir näheres über die Wahl am 17.11.1929:
Kandidatenliste der SPD zur Gemeinderatswahl vom 17.11.1929.
1. Peter Leinenbach, Bergmann, Friedrich-Ebert-Straße 79
2. Fritz Dobisch, Gewerkschaftssekretär, Fultrischstraße 7
3. Nikolaus Luxenburger, Fabrikarbeiter, Hohlstraße 12
4. Ludwig Wilhelm, Bergmann, Pfuhlstraße 1
5. Mathias Schlang, Schlosser, Petersbrunnenstraße 14
6. Josef Amann, Fabrikarbeiter, Bieweilerstraße 35
7. Georg Weiland, Bergmann, Friedrich-Ebert-Straße 35
8. Philipp Porr, Fabrikarbeiter, Griesborner Str. 5
9. Johann Peter Seidel, Fabrikarbeiter, Friedrich-Ebert-Str. 73
10. Peter Rupp, Dreher, Karl-Marx-Str. 10 (heutige Ölwerkstraße)
11. Josef Franz, Schlosser, Derler Str. 37
12. Jakob Seidel, Bergmann, Kaiserstr. 163 (heutige Saarbrücker Straße)
13. Heinrich Pink, Fabrikarbeiter, Bergstr. 15
14. Nikolaus Seel, Fabrikarbeiter, Derler Str. 37
Zum Wahlergebnis 1929 liegen uns leider keinerlei Daten vor. Es ist jedoch anzunehmen, daß die KP ein gutes Wahlergebnis erhielt, während die Sozialdemokraten nicht so großen Erfolg hatten. Das Ergebnis der Wahlen von 1932 kann auf eine ähnliche Situation 1929 schließen lassen.
Zur Gemeinderatswahl am 13.11.1932 berichtet uns die Volksstimme von einer Wahlveranstaltung im ‚Lokale Viktor Hoffmann, Friedrichstraße‘ (später ‚Turnerstube‘, heute ‚Clochard‘) (Volksstimme 22.9.32, Seite 7).
Zu dieser Gemeinderatswahl wurden nur drei Kandidaten aufgestellt, warum, ist heute nicht mehr zu ermitteln. Möglicherweise befand sich der Ortverein in einer personell erschöpften Situation, weil einige Genossen auch zu den anderen ‚linken‘ Parteien übergegangen waren.
1. Nikolaus Luxenburger, Fabrikarbeiter, Hohlstr. 12
2. Johann Kiefer, Kaiserstr. 101
3. Philipp Porr, Fabrikarbeiter, Kleberstr. 8
Das Ergebnis dieser Gemeinderatswahl wurde in der Volksstimme nicht veröffentlicht. Man kann es jedoch aus dem ‚Saarlouiser Journal‘ Nr. 263, 118 Jhg. vom Mo. 14. Nov. 1932 erfahren:
Von 2753 abgegebenen und gültigen Stimmen erhielt die Sozialdemokratische Partei nur 49 Stimmen (und damit keinen Gemeinderatssitz mehr) die noch existierende ‚Arbeiterpartei‘ 211, das Zentrum 1142 Stimmen, die KP 805, die Deutsch-Saarländische Volkspartei 186, die Nationalsozialisten 126 und der Mittelstand 234 Stimmen.
Interessant ist hier, daß die Nationalsozialisten 1932 noch über ein sehr geringes Stimmenpotential verfügten.
In der Vorkriegszeit herrschte ein ständiges Hin und Her im linken Lager. Die starke Zuwanderung in Bous läßt vermuten, daß es eine Reihe sozialer Spannungen gegeben haben dürfte. Schließlich wuchs die Gemeinde im ersten Viertel des Jahrhunderts um ein Vielfaches an. Die Hauptthemen in den ‚ersten‘ demokratischen Jahren der Bouser Kommunalpolitik dürften der Wohnungsbau (vgl. die oben genannten Zahlen), der Aufbau einer ausreichenden Infrastruktur, vor allem Elektrifizierung, Kanalwesen, Schulen, etc. gewesen sein.
Die (aus den Unterlagen der damaligen Gemeinderatswahlen) bekanntesten sozialdemokratischen Akteure der Vorkriegszeit waren Fritz Dobisch, Wilhelm Wagner, Philipp Porr, Nikolaus Luxenburger, Peter Leinenbach, Johann Lex, Georg Daub, Alex Schmitt, Johann Peter Ochs. Nachkommen anderer verdienter Sozialdemokraten müssen es verzeihen, wenn ihre Ahnen hier nicht genannt sind, doch liegen uns keine weiteren Zeugnisse vor.
Die Saarabstimmung in Bous 1935
Die Saarabstimmung 1935 rückte das ‚Saargebiet‘ in den Mittelpunkt der europäischen Vorkriegspolitik. Vor dem Hintergrund der Entwicklungen im ‚Reich‘ hatten die Befürworter des ‚Status Quo‘ wenig Chancen. Die deutschnationale Begeisterungswelle und die Massenarbeitslosigkeit der späten zwanziger und frühen dreißiger Jahre trieben die Menschen in Scharen zu den Befürwortern des Anschlusses an Hitlerdeutschland.
Nach der Abstimmung mußten viele Gegner eines Anschlusses – also SPD, KPD, Gewerkschafter aber auch bekannte Anschlußgegner aus anderen Parteien – das Saarland verlassen und gingen nach Frankreich, Luxemburg – wie z. B. Fritz Dobisch – oder ins übrige Ausland.
Walter Porr – seit 1955 in der SPD – berichtete über heimliche Treffen einiger Sozialdemokraten während der Zeit des nationalsozialistischen Regimes –
u. a. auch im Hause seines Vaters Philipp Porr. Weitere Berichte über die SPD im Untergrund liegen uns leider nicht vor.
Der Völklinger Historiker Dr. Luitwin Bies berichtet, daß er auf einer ‚Liste von Persönlichkeiten‘ die die Gestapo von früheren Wahlvorschlägen der Sozialdemokratischen Partei angelegt hatte, sieben Bouser Sozialdemokraten genannt fand:
Fritz Dobisch, Nikolaus Luxenburger, Alex Schmitt, Johann Lex, Philipp Porr, Johann Peter Ochs und Georg Daub.
Das Schicksal von Fritz Dobisch ist bekannt. Von Alex Schmitt und Johann Lex wissen wir nichts, die anderen kandidierten nach dem Krieg wieder für die Sozialdemokratische Partei.
Der Neuanfang nach 1945
Erste Bemühungen, die Partei nach dem Ende des zweiten Weltkrieges neu zu aktivieren, erfolgten 1946:
Die erste – uns bekannte – Veranstaltung war eine Kundgebung der SPS in Bous. Auch hier ist es wieder ein kurzer Hinweis in der Volksstimmme, der uns etwas Klarheit verschafft:
‚Am Sonntag, 8.9.1946 um 20.00 Uhr im Lokal ‚Zum Bahnhof‘, Referent Genosse Amann*.‘
(‚Volksstimme‘ 7.9.1946, 28. Jhg., Seite 4)
* ‚Karl‘ Amann, Direktor der LVA des Saarlandes
Diese Kundgebung war eine Wahlveranstaltung zur Gemeinderatswahl am 15.9.1946. (‚Volksstimme‘ 7.9.1946, 28. Jhg., Seite 3)
Als Kandidaten wurden 1946 aufgestellt:
1. Nikolaus Becker, Schmied (gewählt)
2. Peter Forster, Eisenbahnbeamter (gewählt)
3. Theo Hoffmann, Bergmann (gewählt)
4. Johann Nalbach, Pens. Lehrer (gewählt)
5. Nikolaus Luxenburger, Hüttenarbeiter (gewählt)
6. Bernhard Strohm, Vorarbeiter (gewählt)
7. Wilhelm Wagner, Hüttenarbeiter
8. Philipp Porr, Hüttenarbeiter
9. Nikolaus Barbian, Hüttenarbeiter
10. Arnold Knabe, Angestellter
11. Johann Gabriel, Gastwirt
12. Johann Peter Ochs, Invalide
13. Karl Kiefer, Hüttenarbeiter
14. Nikolaus Altmayer, Eisenbahner
15. Jakob Klein, Hüttenarbeiter
16. Fritz Pink, Schlosser
17. Georg Daub, Hüttenarbeiter
18. Karl Gier, Hüttenarbeiter
19. Ludwig Geibel, Hüttenarbeiter
20. Johann Altmayer, Hüttenarbeiter
21. Johann Speicher, Arbeiter
22. Adolf Harf, Hüttenarbeiter
23. Karl Knörr, Fabrikarbeiter
Leider beinhaltet die Liste mit den Wahlvorschlägen der SPS keine Straßenangaben wie die früheren Listen. Dafür gehen aus den Originalunterlagen zwei interessante Informationen über die sozialdemokratischen Kandidaten hervor:
1. Der jüngste Kandidat 1946 war bereits 46 Jahre alt.
2. Es wurde keine Frau aufgestellt.
Personell war es um den Ortsverein nicht zum besten bestellt. Dennoch konnte die Partei 26,6% der Stimmen und damit 6 von 23 Sitzen im Gemeinderat erringen.
Natürlich muß es zur Aufstellung des Wahlvorschlages eine Mitgliederversammlung gegeben haben. Doch ist keine Erwähnung davon zu finden. Erst ein Jahr später – am Samstag, dem 31.5.1947 – wurde in der ‚Volksstimme‘ ausdrücklich eine Mitgliederversammlung in Bous um 19.30 Uhr im ‚Bürgerhof‘ angekündigt. Referent war der Genosse Hub*.
(Volksstimme, Nr. 22, 29. Jhg., 31.5.1947)
* ‚Andreas‘ Hub, Saarbrücken-Scheidt, Präsident des Landesstocks für Aufgaben des Arbeitsmarktes (Vorläufer des Landesarbeitsamtes)
Nach Berichten des Genossen Hans Wollstein war der damalige Vorsitzende der SPS der Genosse Johann Nalbach aus der Hermannstraße. Tatsächlich könnte Johann Nalbach der erste Vorsitzende nach dem Krieg gewesen sein, denn die Gemeinde nennt ihn auch als offiziellen Vertrauensmann für die Gemeinderatswahl. Ein weiteres Mitglied war einer der Gründerväter – Wilhelm Wagner. Nikolaus Luxenburger – ebenfalls Gründervater aus der Zeit zwischen den Weltkriegen – war Mitglied der Fraktion.
Zu Beginn der fünfziger Jahre ging der Vorsitz des Ortsvereins an Wilhelm Wagner über. Uns liegt die Kopie eines Antrages zum 9. Parteitag der SPS vom Mai 1954 vor, auf dem die Ortsgruppe Bous einen Antrag zur dynamischen Rentenstaffelung unter sozialen Gesichtspunkten vorschlug. Diesen Antrag hatte Wilhelm Wagner als OV-Vorsitzender eingereicht. Die Reihenfolge des Vorsitzes ist etwas unklar, da Johann Nalbach im Frühjahr 1955 in die neugegründete Deutsche Sozialdemokratische Partei wechselte (die schon 1952 gegründet, aber nicht zugelassen wurde). Wahrscheinlich hat er den Vorsitz der SPS schon vorher abgelegt.
Die erneute Abstimmung 1955
Im Jahre 1955 spaltete die Abstimmung über das (von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle ausgehandelte) Saarstatut weit mehr als 1935 die saarländische Bevölkerung. Nach dem Saarstatut sollte das Saarland wirtschaftlich an Frankreich angeschlossen bleiben, bis eine Europäische Wirtschaftsgemeinschaft gegründet würde (was kurze Zeit darauf geschah). Nach Gründung einer solchen europäischen Gemeinschaft sollte es sowohl politisch als auch wirtschaftlich selbständig bleiben.
Unter den damaligen Bedingungen sah das jedoch so aus, als wäre die Selbständigkeit lediglich der Anschluß an Frankreich. Die vorherrschende Identifikation in der Bevölkerung mit Deutschland führte letztendlich zu einem klaren Ergebnis.
Die ‚Deutsche Sozialdemokratische Partei‘ (DSP) wurde im Saarland am 25. Mai 1952 gegründet, aber nicht zugelassen; eine erneute Gründung erfolgte am 27. Juli 1955.
Nach Berichten von Eduard Fery wurde in Bous die DSP im Frühjahr 1955 gegründet. Die Gründungsversammlung fand im Hotel Roth statt. Vorsitzender wurde der bereits erwähnte Johann Nalbach aus der Hermannstraße 11.
Weitere bekannte Gründungsmitglieder waren Alois Schmid, Heinrich Lutz (Karl-Marx-Straße), Jakob Biesdorf, Georg Görgen und Josef Speicher.
Die Namensänderung der DSP in SPD (Saar) folgte dann am 19. November 1955. Die Auflösung der SPS wurde am 18. März 1956 beschlossen.
Die Zeit von 1945 bis 1955 war die Zeit des Wiederaufbaus und Neuanfangs nach dem Krieg. In den ersten Jahren ging es um die Besorgung von Heizmaterial, Kleidern und Lebensmitteln, für lange Zeit von Wohnraum. In dieser Zeit entstand auch die Blasenbergsiedlung. Die Kommunalpolitik befaßte sich ansonsten mit der Wiederherstellung der lebensnotwendigen Infrastruktur.
Die Zeit bis zur Gebietsreform 1973
Bereits am 28.1. 1956 wurde ein neuer Vorsitzender des SPD Ortsvereins Bous gewählt: Alois Schmid. Sein Stellvertreter wurde Eduard Fery. Die Genossen Lutz, Goergen und Biesdorf stellten den Rest des Vorstandes. Weitere Beisitzer und 2 Kassenprüfer wurden gewählt, ihre Namen jedoch nicht erwähnt. Vermutlich war Johann Wagner einer von ihnen, tauchte er doch kurz darauf als ‚Leiter der Abteilung Werbung und Propaganda‘ auf.
Am 10. März 1957 wurde erneut ein Vorstand gewählt. Diesmal mit Alois Schmid als Vorsitzendem, Johann Wagner als Stellvertreter. Weitere Mitglieder waren: Jakob Biesdorf, Nikolaus Kien, Heinrich Lutz, Inge Missiorny, Edmund Demmerle, Paul Gebert und weiter 8 Mitglieder, die nicht namentlich erwähnt wurden.
Auf einer Mitgliederversammlung im März 1957 wurde Peter Nett (gest. 18.6.1966) für eine 60jährige Mitgliedschaft in der SPD geehrt. Es kann jedoch nicht ermittelt werden, ob Nett in Bous zur SPD beigetreten ist oder als Mitglied zugezogen ist.
Exkurs: Johann (‚Hennes‘ ) Wagner
Johann Wagner ist wohl einer der bekanntesten Sozialdemokraten der SPD Bous gewesen. Er war Ortsvereinsvorsitzender, Beigeordneter, Bürgermeister.
Vom 7.4.1949 bis 8.8.1952 war er Gemeinderatsmitglied, vom 13.5.1956 bis 14.5.1960 2. Beigeordneter.
Auf einer Mitgliederversammlung im April 1958 wurde Johann Wagner schließlich zum Vorsitzenden des Ortsvereins gewählt.
Vom 15.5.1960 bis 8.11.1964 war er 1. Beigeordneter. Bereits im Dezember 1960 stellte die SPD Johann Wagner zum Kandidaten für das Amt des Bürgermeisters auf. Er unterlag jedoch dem Kandidaten Luxenburger (CDU) in der Abstimmung des Gemeinderates, da die CDU über die Mehrheit der Sitze verfügte. Dies änderte sich nach der Kommunalwahl am 25.10 1964, bei der die SPD stärkste Fraktion wurde und mit der FDP/DPS koalierte.
Vom 9.11.1964 bis 31.12.1973 übernahm Johann (‚Hennes‘) Wagner das Amt des Bürgermeisters. Danach war er Ortsvorsteher von Bous.
Nach der Wiedergewinnung der Selbständigkeit war er Bürgermeisterbeauftragter vom 1.1.1982 bis zum 30.6.1982.
Seine politische Arbeit war mit der Realisierung vieler Projekte verbunden, die heute für Bous selbstverständlich sind.
Durch seine langjährige aktive Rolle in der Gemeindepolitik und seinen engen Kontakt zur Bevölkerung wurde er zur einer Institution in Bous. Sein Name ist noch unter jungen Bousern ein Begriff. Er starb am 25. November 1983, nachdem ’sein‘ Bous wieder eine unabhängige Gemeinde geworden war.
Johann Wagner trug entscheidend zur Entwicklung des sozialdemokratischen Ortsvereins in den sechziger und siebziger Jahren bei. Aus dem Jahr 1962 liegt eine Mitgliederliste vor, die erst 65 Mitglieder aufweist. Die sollte sich bald ändern.
Im Frühjahr 1963 – also 1 1/2 Jahre vor dem ‚Machtwechsel‘ in Bous – konnte die CDU-Fraktion gegen den Willen der SPD, der DPS und gegen den Willen der Bürger der Karl-Marx-Straße eine Umbenennung in ‚Ölwerkstraße‘ durchsetzen. Hintergrund war die antisozialistische Stimmung im Westen während des kalten Krieges. Seitdem sind 35 Jahre vergangen, ohne daß diese Zwangsumbenennung wieder rückgängig gemacht wurde.
Auf der Mitgliederversammlung am 3.3.1963 wurde Johann Wagner als Vorsitzender bestätigt, sein Stellvertreter wurde Eduard Fery. Weitere Mitglieder waren Heinrich Lutz, Hans Kreis, Werner Weiten, Julius Distler, Alois Schmid, Walter Porr und Helmut Schmidt.
Vom dem Zeitpunkt, als Johann Wagner zum Bürgermeister gewählt wurde – am 20.11.1964 an, konnte die SPD-Fraktion aktiv die Gemeindepolitik gestalten. Die 10 Mitglieder der SPD Fraktion waren: Johann Wagner (als Bürgermeister), Hans Kreis (Fraktionsvorsitznder), Eduard Fery, Franz Meier, Richard Ehrreich, Norbert Dritter, Alfred Wirges, Julius Distler, Walter Porr und Erhard Schorr.
Am 22.10 1968 erreichte die SPD in Bous mit 58,2% zum ersten Mal die absolute Mehrheit der Stimmen in der Gemeinde. Dies war der entgültige politische Durchbruch.
Von 1964 bis 1973 gelang der SPD der Aufbau einer hervorragenden Infrastruktur in Bous. Durch die aufblühende Industrieproduktion bei den Röhrenwerken stand die Gemeinde finanziell auf festen Beinen. Die Finanzkraft floß in den Ausbau der öffentlichen Einrichtungen. Ein neues Schwimmbad, ein Altenheim, Vorarbeiten für weitere Wohnbebauung, die Ansiedelung des EKC (damals ‚Cia‘), die Errichtung des Naherholungsgebietes Bommersbachtal sowie die Südwesthalle Bous sind beispielhaft für die kommunalpolitische Leistung der Partei in diesen Jahren.
1972 hatte der Ortsverein ca. 150 Mitglieder – mehr als doppelt soviele wie zehn Jahre zuvor.
Die Jusos
In den Jahren 1958-1967 war Walter Porr der ‚Jugendvertreter‘ des Ortsvereins. Ab der Mitgliederversammlung am 4.3. 1967 nahmen Hans Stephan und Karl Schuhmacher dieses Amt wahr.
Die erste Sitzung einer ‚Juso-AG‘ in Bous fand am 11.2.1971 statt. Vorsitzender war Hans Stephan, 2. Vorsitzender Wolfgang Fery. Seit Frühjahr 1971 war Wolfgang Fery der Vorsitzende, seit 24. August 1972 Leo Stefan Schmitt. Am 11.5.1973 löste Michael Lonsdorfer Leo Stefan Schmitt als Vorsitznder ab, am 31.1.1974 trat an Lonsdorfers Stelle ein Kollektivvorstand mit Fachreferenten. Am 8.4.1974 kam es zu einem Eklat im Ortsverein. Nachdem eine Reihe von Jusos eine DKP-Unterstützungsliste für die Kommunalwahl unterschrieben hatten, sollten sie von der Partei ausgeschlossen werden. Sieben Jusos traten daraufhin von selbst aus der Partei aus. Einige nahmen ihre Entscheidung jedoch nachher wieder zurück.
1975 wurde Michael Ames Vorsitzender, 1976 wieder Michael Lonsdorfer. Für die Zeit danach liegen leider keine weiteren Unterlagen mehr vor.
Diese Juso-Generation diskutierte wie keine andere seitdem die Grundwerte der Gesellschaft und rebellierte gegen das Wertesystem ihrer Eltern.
In den achtziger Jahren bildete sich wieder eine neue Generation von Jusos, die zwar nicht mehr so radikal wie in den siebzigern, dafür aber kommunalpolitisch sehr aktiv war. Heute ist das Engagement von Jugendlichen für den politischen Bereich leider zurückgegangen.
Ein seit den frühen siebziger Jahren durchgehend wichtiges Thema für die Jusos in Bous war das selbstverwaltete Jugendzentrum, für das sie sich immer wieder einsetzten.
Die AsF
Die Frauen in der AsF engagierten sich meist sowohl im Ortsvereinsvorstand als auch in der AsF. Wahrscheinlich hat es schon lange vor der offiziellen Gründung einer Arbeitsgemeinschaft Aktivitäten einer Gruppe von Sozialdemokratinnen gegeben. Erste Hinweise auf das Bestehen einer Arbeitsgemeinschaft liegen seit den frühen siebziger Jahren vor. 1. Vorsitzende war Dorothea Holz, später Hildegard Placzek. Heute hat die AsF einen Kollektivvorstand. Sie organisiert mit Unterstützung des OV-Vorstandes Vortragsabende, Sammlungen und Filmvorführungen. Zu einer Institution ist der von der AsF initiierte Kinderspielzeug- und Kleiderbasar geworden, den die sozialdemokratischen Frauen zweimal im Jahr durchführen.
1974 – 1982 – rebellische Jahre
Die Gebietsreform von 1973 ordnete Bous ohne Zustimmung der Bürger nach dem Willen der Landesregierung in den Verband der neuen Großgemeinde Schwalbach zu. Dazu gehörten Bous, Ensdorf, Schwalbach, Elm, Hülzweiler. Eine Bürgerbefragung in Bous hatte zuvor ein Votum der Bevölkerung von 91% für den Zusammenschluß von Bous und Elm ergeben. Für diese Lösung hatte sich auch die SPD Bous ausgesprochen. Doch die damalige Landesregierung ignorierte den Willlen der Bevölkerung. Der Widerstand gegen die Vereinnahmung und eine entsprechende Korrektur waren das wichtigste kommunalpolitische Thema bis zur Wiedergewinnung der Selbständigkeit am 1.1.1982.
Schon bald mehrte sich die Unzufriedenheit mit den finanziellen Mitteln, die Bous aus dem Haushalt der Großgemeinde erhielt.
1978 forderte die SPD Bous den damaligen Innenminister Alfred Wilhelm (CDU) offiziell auf, eine Reform der Reform durchzuführen. Rückendeckung erhielt sie damals von dem sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten Hans Kaspar, der verlangte, daß Bous wieder eine selbständige Gemeinde werden sollte. Vor der Landtagswahl 1980 schloß sich die SPD Saar der Bouser Forderung nach einer Korrektur der Gebietsreform im Falle der Großgemeinde Schwalbach an.
Am Samstag, dem 14. Februar 1981 rief die SPD Bous zur Demonstration der Bouser für eine Auflösung der Großgemeinde Schwalbach auf. Der über Jahre gewachsene öffentliche Druck führte schließlich im September 1981 zu einem Kabinettsbeschluß der Landesregierung Zeyer (CDU) über eine Ausgliederung von Ensdorf und Bous aus der Großgemeinde Schwalbach. Zur Jahreswende 1981/82 konnten Bous und Ensdorf wieder ihre Selbständigkeit feiern.
Parallel zu diesem zentralen kommunalpolitischen Thema spielte sich – auch auf kommunaler Ebene – innerhalb der Partei die Auseinandersetzung zwischen den ’68ern‘ und den ‚Alten‘ ab. Die ‚Linkswende‘ der Jusos auf Bundesebene 1968 führte in den folgenden siebziger Jahren zu einem Konflikt mit den Parteialtvorderen über die grundsätzliche Einstellung zum staatlichen und gesellschaftlichen System in Deutschland. Dieser Konflikt fand auch in Bous statt. Die Juso AG Bous stellte innerhalb des Ortsvereins eine radikale innerparteiliche Opposition dar.
Im März 1973 wurde Heribert Seidel neuer Vorsitzender des Ortsvereins. Er trat 1978 aus der Partei aus, weil er zuviele linksgerichtete jüngere Parteimitglieder in verantwortliche Positionen kommen sah. Im Sommer 1976 wurde mit Luise Schneider zum erstenmal eine Frau Ortsvereinsvorsitzende. Sie leitete den OV, bis sie 1978 von Herbert Becker abgel“st wurde. 1980 bernahm Leo Stefan Schmitt dieses Amt. Am 27. April 1980 wurde der ehemalige Vorsitzende der Juso-AG Bous Leo Stefan Schmitt in den saarländischen Landtag gewählt. Seit diesem Zeitpunkt nimmt er ohne Unterbrechung dieses Mandat wahr. Zusammen mit dem Kommunisten Hans Pink in den 30er Jahren und dem Konservativen Franz Gier von der CVP in den 50er Jahren ist Leo Stefan Schmitt erst der dritte Bouser, der Mitglied des Landtages ist.
Von der Gewinnung der Selbständigkeit 1982 bis heute
Zum Jahresanfang am 1.1.1982 begann fr Bous wieder die kommunale Unabh“ngigkeit. Zu dieser Zeit war Leo Stefan Schmitt bereits Ortsvereinsvorsitzender und örtlicher Landtagsabgeordneter und Johann Wagner Bürgermeisterbeauftragtem. Am 17.5.1982 wurde Hans Bernardi mit den Stimmen der sozialdemokratischen Mehrheit im Gemeinderat zum neuen Bürgermeister der Gemeinde gewählt. Bernardi kam aus der Völklinger Stadtverwaltung und lebte sich von Anfang an sehr gut in die Gemeinde ein. Leider war ihm nur eine kurze Amtzeit vergönnt. Er starb nach schwerer Krankheit am 13. März 1987. Als sein Nachfolger wurde am 29. Mai 1987 Erich Wentz mit den Stimmen der SPD-Fraktion und einer Stimme von der ‚Opposition‘ im Gemeinderat zum Bürgermeister gewählt.
Während auf der politischen Bühne der Gemeinde die Bürgerliste Bous (BLB) Ende der 80er Jahre zunehmend an Bedeutung verlor, da das gesetzte Ziel, die Selbständigkeit der Gemeinde wiederzuerlangen, erreicht war, bildete sich mit den ‚Grünen‘ (später ‚Bündnis90/Die Grünen‘) eine neue Konkurrenz im Parteienspektrum.
Währenddessen gab Leo Stefan Schmitt nach achtjähriger Amtszeit 1988 den Vorsitz des SPD-Ortsvereins an Paul Kornke ab, der ihn 1990 an Petra Becker weitergab. Zum zweitenmal stand an der Spitze des Ortsvereins eine Frau. Sie führte den Ortsverein sechs Jahre erfolgreich bis 1996.
Seit 1968 hatte die SPD nun die absolute Mehrheit der Sitze im Gemeinderat errungen. Bei der Kommunalwahl 1994 konnte die SPD knapp ihre absolute Mehrheit behaupten.
Ein großer Erfolg für die SPD Bous war die Bürgermeisterwahl im Oktober 1996. Da nach neuen Wahlbestimmungen der Bürgermeister in der Gemeinde von der Bevölkerung direkt zu wählen war, trat Erich Wentz als Kandidat für die SPD gegen die CDU-Kandidatin Margit Hoeß an. Erich Wentz, der sich in den vergangenen neun Amtsjahren bei der Bevölkerung große Anerkennung erwarb, gewann diese Direktwahl gegen die Kandidatin der CDU Margit Hoeß mit sensationellen 76,4%.
Nach Petra Becker nahmen Uwe Sonntag und Karl-Willi Schlemmer nur kurzfristig den Vorsitz des Ortsvereins wahr. 1997 übernahm wieder Leo Stefan Schmitt den Vorsitz. Im Ortsverein mußte eine personelle und strukturelle Erneuerung stattfinden, ein Prozeß, der fortgesetzt werden muß.
Die kommunalpolitischen Aufgaben sind unterdessen nicht leichter geworden, im Gegenteil. Als Bous aus der Großgemeinde ausstieg, wurde der neuen Gemeinde ein Teil der Schuldenlast der Großgemeinde aufgebürdet, den es abzutragen galt. Dennoch konnten wichtige und seit langem drängende Aufgaben erfüllt werden. Seit Ende der achtziger Jahre sind hier die Ortskernsanierung (Saarbrücker Straße, Friedrich-Ebert-Straße), die Renovierung des Petri-Hofes, der Bau des integrativen Kindergartens, der Auszug des Schrotthandels unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens sowie die Umgehungsstraße zur Kreisstraße zu nennen. Zudem wurde in den 80er und 90er Jahren das Wohngebiet ‚In den Faultrieschen‘ erschlossen und bebaut.
Wie in vielen Gemeinden verschlechterte sich die finanzielle Situation für Bous in den neunziger Jahren. Die zunehmende Arbeitslosigkeit und die steigenden Ausgaben für Sozialhilfe belasten den Gemeindehaushalt immer stärker. Gleichzeitig stellte sich der Gemeinde jedoch ein zentrale Aufgabe: die Infrastruktur, die in den sechziger und siebziger Jahren errichtet wurde, wurde auf ein Wachstum der Gemeinde auf über 12000 Menschen ausgelegt. Da die Bevölkerungsentwicklung jedoch bei knapp 8000 Einwohnern stagniert und die Infrastruktur gleichzeitig renovierungsbedürftig ist, stellt sich die Frage nach der Finanzierung.
Gleichzeitig wurde Bous vor ein wirtschaftliches Problem gestellt. Ähnlich wie viele Gemeinden im Saarland ist Bous in starkem Maße von der Montanindustrie abhängig. Seit mehr als 100 Jahren prägten die Röhrenwerke als größter Arbeitgeber die politische und wirtschaftliche Situation in Bous. Als im Frühjahr 1997 die Nachricht vom Verkauf bzw. der Schließung des Werkes bekannt wurde, wirkte dies zunächst wie ein Schock, besonders, weil das Unternehmen rentabel wirtschaftete. Zu lange war das Werk mit der Gemeinde verbunden, als daß sich jemand Bous ohne das Röhrenwerk hätte vorstellen können. Ende 1998 zeichnete sich eine Lösung ab, die die Erhaltung einzelner Unternehmensteile bei einem neuen Eigentümer beinhaltete.
Eine aktive Wirtschaftsförderung und eine vorausschauende Infrastrukturpolitik werden daher die vordringlichsten Ziele der Kommunalpolitik in den nächsten Jahren sein.
Die SPD Bous wird ihren Teil dazu leisten.
Anhang:
Die Vorsitzenden des SPD Ortsvereins Bous nach 1945:
1946 – 1954 Johann Nalbach (SPS)
1954 – 1955 Wilhelm Wagner (SPS)
1955 – 1956 Johann Nalbach (SPD)
1956 – 1958 Alois Schmid
1958 – 1971 Johann Wagner
1971 – 1973 Hans Stephan
1973 – 1976 Heribert Seidel
1976 – 1978 Luise Schneider
1978 – 1980 Herbert Becker
1980 – 1988 Leo Stefan Schmitt
1988 – 1991 Paul Kornke
1991 – 1996 Petra Becker
1996 – 1996 Uwe Sonntag
1996 – 1997 Karl-Willi Schlemmer
1997 – 2000 Leo Stefan Schmitt
2000 – 2004 Dietmar Reitz
2004 – 2005 Ernst Daub
2005 – 2009 Stefan Boullay
2009 – Jutta Fellinger